Das Verbot der „professionellen“ Sterbehilfe ist vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden. Nun dürfen Vereine und Unternehmen in Deutschland Menschen anbieten beim Sterben zu helfen. Bisher konnten dies straffrei nur Angehörige und „Nahestehende“ tun. Jetzt wird der Druck der Gesellschaft auf Schwerstkranke zunehmen. Wo wird die Grenze sein zwischen „Das ist doch kein Leben mehr“ und „Trotz allem ist es ein Leben“ in unserem Land in zehn Jahren? Wo werden wir diese Grenze ziehen?

Können wir eine Entwicklung, wie sie sich in den Niederlanden abzeichnet, verhindern? Oder geraten wir in Deutschland mit der Freigabe der „unternehmerischen“ Sterbehilfe auf die gleiche „Schiefe Ebene“, die sich in den Niederlanden abzeichnet, wie Gerbert van Loenen in seinem 2014 erschienen Buch „Das ist doch kein Leben mehr! – Warum aktive Sterbehilfe zu Fremdbestimmung führt“ aufzeigen kann?

Was machen wir mit Menschen, die hochgradig pflegebedürftig sind und sich nicht mehr selbst äußern können? Wann wird ein Betreuer oder Vormund aufgefordert das Sterben einzuleiten? Im Jahr 2021, 2025 oder doch erst im Jahr 2030? Werden wir bei Badeunfällen noch lebensrettende Maßnahmen einleiten, oder sagen wir nach dem Hinweis, dieser Mensch sei 15 Minuten ohne Sauerstoff gewesen, dann lassen wir es? Vielleicht liegt die Grenze ja auch bei zehn, oder bei sieben oder bei fünf Minuten?

Wir müssen aufpassen, wie wir über leidende Menschen und Leid denken und reden. Wenn wir da nicht achtsam sind, dann werden Begriffe wie „menschenwürdiges“ und „menschenunwürdiges Leben“ zu Kategorien und die Kategorien werden zu Katalogen, in welchen dann nur noch nachgeschlagen wird, ob ein Leben der einen oder der anderen Seite zuzuschlagen ist.

Ob ein demenzkranker Mensch sein Leben als lebenswert betrachtet oder nicht, wissen wir nicht und werden es auch nicht wissen. Und wenn dieser Mensch zehn Jahre vor seiner Demenzerkrankung festgelegt hat, dass er mit einer Demenz nicht leben will, was machen wir dann? Sind wir sicher, das er immer noch der gleichen Meinung ist? rv

Lösung für Pflegenotstand?