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Hier die Predigt zum Lesen:

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus Amen.

Der Text für den Ostermontag steht bei Lukas im 24 Kapitel

36 Als sie aber davon redeten, trat er selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! 37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. 38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? 39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. 40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und Füße. 41 Da sie es aber noch nicht glauben konnten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? 42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. 43 Und er nahm’s und aß vor ihnen. 44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen. 45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden, 46 und sprach zu ihnen: So steht’s geschrieben, dass der Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; 47 und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Von Jerusalem an 48 seid ihr dafür Zeugen.

Liebe Leserinnen und Leser,

eine schöne Geschichte. Zu schön um wahr zu sein? Dabei passiert doch genau das, was die jede Hoffnung verloren habenden Jünger brauchen. Einen echten Beweis. Zum Anfassen. Ein gemeinsames Essen, wie noch am Donnerstag. Zu schön um wahr zu sein? Möglicherweise. Wie überhaupt alle Geschichten möglicherweise zu schön sind, um wahr zu sein. Diese Geschichte muss auch nicht wahr sein. Wolf Biermann, ein Liedermacher und Gedichteschreiber, hat auf die Frage, was ihm, der doch so gar nicht an irgendeinen Gott glaubt, was ihm an Geschichten aus der Bibel am meisten am Herzen liegt, geantwortet: „Das Beste an der Bibel finde ich die Auferstehung Jesu. … Der Teil der Leidensgeschichte also, der offensichtlich gelogen ist. Der Teil enthält für mich die tiefste Wahrheit.“

Welchen Antrieb spüren sie gerade? Wollen sie widersprechen und rufen, natürlich ist die Geschichte wahr? Darauf zu bestehen, dass diese Geschichte, so wie sie geschrieben ist, stattgefunden hat, führt in die falsche Richtung. Dann würden wir von der tiefsten Wahrheit, von der Wolf Biermann spricht, abgelenkt und fortgeführt. Das wichtige an unserem Text ist nicht in den Versen vom Anfassen zu finden. Es sind die Worte Jesu, die die tiefe Wahrheit transportieren. Ostern ist das Fest des Glaubens. Es ist ein Fest des Erinnerns, ein Fest des Wachhaltens der Geschichten und der Geschichte. Es ist das Fest der Hoffnung. Das Fest, an dem die Beziehung zu Jesus wieder aufflammt, so wie die Kerze am Ostermorgen das Dunkel des Karfreitags vertreibt. Ostern erinnert an Jesus. An seine Worte. Seine Botschaft. Wie viele haben ihm zugehört, wie viele waren von ihm begeistert? So viele hat er mit seien Worten erreicht, so viele hat er mit seinen Worten begeistert, so viele waren von seinen Taten beeindruckt. Schon bald 2000 Jahre hält diese Begeisterung an. Immer wieder ist er da. In den Erzählungen. Immer wieder begegnen seine Worte den Menschen. Immer wieder wird erzählt.

Warum? An Ostern geht es um die Hoffnung, um die tiefste Wahrheit. Es ist nicht die Hoffnung auf einen neuen Arbeitsplatz, den uns unser Freud hoffentlich beschaffen kann, es ist nicht die Hoffnung auf unseren eigenen Verstand, der uns einen Lösungsweg zeigt oder die Hoffnung auf einen Lottogewinn. Ostern geht es um die tiefste Wahrheit. Ostern ist nicht der Glaube an die Auferstehung, sondern Ostern wird der Glaube an den auferstandenen Christus gefeiert. Der Glaube an den, der zur Umkehr und zur Versöhnung aufgerufen hat. Wir begegnen immer wieder Menschen, die wie die Jünger Jesu nach Karfreitag ohne Hoffnung sind, die sich einsam und verlassen fühlen. Oder anderen, die streiten, zanken und gewalttätig sind, ungerecht und lieblos. Wer bringt Frieden, Liebe, Freude, Wärme und Hoffnung zu diesen Menschen? Es sind die Menschen, die an den Auferstandenen glauben, die dies können. Die Menschen, die sich an Jesus erinnern. Seine Geschichten erzählen. Seine Worte immer wieder sagen. Seine Zeugen. Ich schließe mit einer kurzen Geschichte:

Mein älterer Bruder war während der Osterferien zu Besuch bei unseren Großeltern. Mit der Oma fuhr er in der Straßenbahn zum Einkaufen in die Stadt. Und dort, zwischen den anderen Fahrgästen, fing er plötzlich zu singen an:

„Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja, hal­leluja!“

Meine Oma wurde unruhig. Der österliche Gesang des Kindes hier in der Straßenbahn war ihr peinlich. „Ach, Junge, lass doch …“, versuchte sie den Enkel vorsichtig zum Schweigen zu bringen. Der aber sang mit klarer Stim­me sein Lied unbeirrt weiter. Manche Fahrgäste horchten auf. Gespräche verstummten. Man drehte sich zu dem kleinen Sänger um. „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Er liebte diesen Kanon, der bei uns zu Hause in der Osterzeit oft gesungen wurde.

Meine Oma litt. Bis eine Frau ihr gegenüber sagte: „Nun lassen Sie den Jungen doch ruhig singen! Manche haben diese Botschaft vielleicht noch nie gehört!“ –

Wir erinnern uns gern an diese Geschichte. Heute ist sie nicht mehr der Oma, sondern dem inzwischen erwachsenen Enkel peinlich. Aber ich frage mich: Warum? Warum war es peinlich, dass er in der Straßenbahn sang? Hätte er gesungen: „Hänschen klein“ oder „Alle Vögel sind schon da“, dann wäre das vermutlich vollkommen in Ordnung gewesen. Vielleicht hätte je­mand gesagt: „Das ist aber ein fröhlicher Junge!“ oder „Der kann ja schön singen!“ Jedenfalls hätte es niemand komisch gefunden. Nun sang er aber: „Der Herr ist auferstanden!“ – wie zu Hause, wie in der Kirche. Warum also nicht auch in der Straßenbahn?

Amen.

Und der Friede Gottes welcher höher ist als alle Vernunft bewahre Eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

Predigt zum Ostermontag
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