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Die Predigt zum Anhören

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus Amen.

Der Text für den heutigen Sonntag steht im Markusevangelium im 14. Kapitel:

Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?  Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.  Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.  Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.  Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.  Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Liebe Hörerinnen und Hörer

Auf den ersten Blick geht es in dieser kurzen Erzählung um die Frage was für wertvoll erachtet wird, und was nicht. Das Nardenöl, aus einer Pflanze, die zur Gattung der Baldriangewächse zu zählen ist, war damals ein beliebtes aber sehr teures Haarpflegemittel. Die erwähnten dreihundert Silbergroschen wären heute vermutlich 20.000 Euro.  Die Reaktion der Zuschauer auf die teure Pflege von Jesu Haar ist ganz typisch. Warum so viel Geld in die Haare schmieren? Die Bedürftigen hätten sich damit doch ganz lange über Wasser halten können. Wenn wir heute bei Kirchens Geld ausgeben, dann wird so auch schon mal argumentiert. Tut dies not? Könnte es nicht viel besser bei den Bedürftigen eingesetzt werden? Auch auf den zweiten Blick geht es um die Frage, was wertvoll ist. Jesus stellt klar: 20.000 Euro in sein Haar zu massieren ist völlig in Ordnung. Jesus die Ehre zu geben, während er auf Erden weilt, sich an seiner Anwesenheit zu freuen, ist richtig und gut. Leben und Liebe werden hier gewürdigt. Der lebende Jesus wird geehrt und die Frau zeigt ihre grenzenlose Zuneigung. Ein kraftvolles Zeichen wird gegeben.

Das Nardenöl hat mit der Zeit seinen Geruch, seinen Duft, im Raum ausgebreitet. Jesus hat die Berührung des Kopfes sicher als angenehm empfunden. Die Salbung ist Zeichen des Lebens. Der Duft und die Berührung sind wohltuende Sinnesreize. Freude am Leben wird zum Ausdruck gebracht.

Und dann sind da die Spaßbremsen. Feiern? Geht doch nicht. Mit dem Geld könnte viel Sinnvolleres getan werden. Und dann wird aufgezählt, was mit dem Geld alles machbar gewesen wäre. Ein gutes Beispiel ist die Aktion von Brot für die Welt, die immer vor Silvester startet: „Brot statt Böller“. Mit dem Geld, das da in den Himmel geschossen wird, könnte doch so viel Gutes getan werden. Doch die Aktion, die schon seit Mitte der achtziger Jahre läuft, verfängt nicht so richtig. In den Jahren 2000 bis 2019 stiegen die Ausgaben für das Silvesterfeuerwerk in Deutschland von 102 Millionen Euro auf 133 Millionen Euro. Natürlich können wir jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und rufen: „Welche Verschwendung“, doch sind diese 133 Millionen eben auch Ausdruck der Freude am Leben.

So dürfen wir die Erzählung von der Salbung als frohe Botschaft aufnehmen. Ihr freut euch am Leben? Ihr haut mal einen raus? Gut so! Vergesst mal einen Moment den ganzen Krampf und freut euch am Leben. Freut euch, am Leben zu sein.

Wenn wir jetzt nicht gerade alle mit der Kontaktsperre leben müssten, hätte ich nun geschrieben, dass Sie einfach mal ein paar Menschen einladen, ganz spontan, zum Feiern. Einfach so. Oder weil Palmarum ist, der Sonntag Jesu Einzuges in Jerusalem. Feiern wir das Leben. Mist, geht gerade nicht. Ist verboten. Aus gutem Grund. Der Tod zieht durch die Straßen und Häuser. Wir brauchen uns aber nicht schrecken lassen. Schaut in eure Spiegelschränke oder wo auch immer ihr eure Salben und Tinkturen aufbewahrt. Das Leben feiern geht auch anders, leiser. Den Mitbewohner, die Mitbewohnerin einfach mal salben, eincremen, einölen. Die Hände, die Füße, oder den Rücken massieren, oder die Haare waschen. Einfach so. Duft und Berührung des Lebens spüren. Darin liegt der Sinn der Salbung. Jesus erhält hier nicht die „letzte Ölung“, sondern Jesu erfährt den Duft und die Berührung des Lebens. So ist auch die Salbung der Kranken, die die katholische Kirche praktiziert, zu verstehen. Die Sterbenden werden durch Duft und Berührung an das Leben erinnert, das den Tod mit der Auferstehung überwindet. Die Kranken werden durch den Duft und die Berührung des Lebens auf ihrem Weg der Genesung gestärkt. Und wir werden erinnert nicht als Spaßbremsen und Sauertöpfe die frohe Botschaft zu verkünden, sondern als Überbringer des Duftes und der Berührung des Lebens aufzutreten. Dann hören möglicherweise wieder mehr Menschen auf die Botschaft. Amen. 

Und der Friede Gottes welcher höher ist als alle Vernunft bewahre Eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen. rv

Die Stuhrer Kirche
Predigt zum 5. April 2020
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